In der Fußball-Branche ist es vollkommen üblich, dass nahezu das gesamte Team, also neben den Spielern auch die Trainer, die Co-Trainer, die Motivationstrainer, die Torwart-Trainer, die Videoanalysten usw. einen befristeten Arbeitsvertrag besitzen. Ist das rechtlich überhaupt zulässig? Und falls nicht, was wären die Folgen? Der folgende Beitrag beleuchtet die rechtliche Lage, die möglichen Folgen und die Möglichkeiten, als Trainer oder abwerbender Verein davon zu profitieren.
Wieso sind die Verträge von Trainern in aller Regel befristet?
Der Normallfall ist, dass ein Arbeitsverhältnis unbefristet sein sollte und der Arbeitnehmer nach sechs Monaten (Ablauf der sog. Wartezeit) Kündigungsschutz genießt (Ausnahme: Kleinbetrieb). Hintergrund ist, dass dem Arbeitnehmer die ständige Angst der „Nichtverlängerung“ des befristeten Vertrages genommen werden soll; es geht um Planungssicherheit. Banken verlangen bspw. bei der Überprüfung der Kreditwürdigkeit vor Zusagen eines Kredits häufig die Vorlage eines unbefristeten Arbeitsvertrages.
Weshalb ist das bei Trainern anders?
Zunächst gilt es klarzustellen, dass der Arbeitsvertrag eines Fußball-Trainers ein normaler Arbeitsvertrag ist. Es gelten dieselben Gesetze wie für „normale“ Arbeitnehmer auch. Die Befristung eines Arbeitsvertrags gem. §§ 14 TzBfG stellt die gesetzliche Ausnahme dar.
Wenn aber Fußball-Trainer normale Arbeitnehmer sind, weshalb besitzen dann nahezu alle Fußballtrainer (und auch Spieler) einen befristeten Vertrag? Dies hängt mit den Besonderheiten der Tätigkeit zusammen. Die Befristung gibt den Vereinen Planungssicherheit. Sie verhindert zum einen, dass der Trainer während der laufenden Vertragszeit von einem anderen Verein abgeworben wird und der Verein dann in der Not unter zeitlichem Druck einen neuen (Interims)trainer finden muss. Zum anderen verhindert sie, dass der Verein – sollte er den Trainer loswerden wollen – sich auf das Ende des Vertrags verlassen kann. Die Abfindungsvorstellungen des Trainers im Falle einer gewünschten Entlassung sind also begrenzt auf die Dauer der Laufzeit des Vertrages. Bestünde hingegen ein unbefristeter Vertrag, könnte der Trainer theoretisch darauf bestehen, weiter bei dem Verein angestellt zu bleiben oder seine Abfindungsvorstellungen ins Unermessliche steigern. Schließlich kann auch Motivation des Vereins sein, einen Trainer aufgrund der vertraglichen Bindung nur gegen Zahlung einer entsprechend hohen Ablösesumme ziehen zu lassen (siehe bspw. Nagelsmann-Wechsel zu Bayern).
Können Vereine die Trainer-Verträge wirksam rechtlich befristen?
Wie bereits dargestellt, gilt auch hier das deutsche Arbeitsrecht. Eine Befristung für maximal zwei Jahre ist danach ohne Grund möglich. Alles was zeitlich darüber hinaus geht erfordert einen sog. Sachgrund. Für Arbeitsverträge zwischen Fußallvereinen und Spielern wird wegen der „Eigenart der Arbeitsleistung“ teilweise – jedenfalls in der juristischen Literatur – vertreten, dass diese auch länger als zwei Jahre befristet werden können. Für Spieler sieht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, dass Spieler sportliche Höchstleistungen nur einige Jahre erbringen können und nicht über Jahrzehnte bis zum Rentenalter. Daher sei es gerechtfertigt, solche Arbeitsverhältnisse von Anfang an zu befristen (vgl. BAG, Urteil v. 16. Januar 2018 – 7 AZR 312/16). Für Spieler ist die Wirksamkeit einer Befristung daher unstreitig. Was gilt aber für Trainer?
Die länger als zwei Jahre andauernden Befristung von Fußballtrainer-Verträgen könnte durch einen Sachgrund gemäß § 14 I 2 Nr.4 TzBfG gerechtfertigt werden, wobei eine Eigenart der Arbeitsleistung vorliegen müsste. Hierbei gibt es unterschiedliche Ansichten.
Spannung innerhalb des Fußballgeschäfts
Zudem könnte eine Befristung von Trainer-Verträgen der Spannung innerhalb des Fußballgeschäfts dienen. Dies könnte wiederum dazu führen, dass sich mehr Personen für den Wettbewerb interessieren. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Spannung des Fußballgeschäft vor allem primär durch das Spiel selbst entsteht und hilfsweise durch Spielertransferierungen. Die Trainerposition spielt lediglich eine untergeordnete Rolle
Sportlicher Erfolg
Die „Eigenart“ als Rechtfertigung für die Befristung könnte zunächst im sportlichen Erfolg liegen. Der Trainer wird grundsätzlich zur mittelbaren Herbeiführung des sportlichen Erfolgs eingestellt. Dabei muss jedoch konzediert werden, dass mit der bloßen Verpflichtung des Trainers keine erfolgreiche Zusammenarbeit garantiert ist. Lediglich hofft die Vereinsführung, das Team und selbstverständlich der Trainer ebenso, dass man die gesamte Stärke bündeln und maximieren kann. Die Hoffnung auf Erfolg stellt dabei jedoch mehr ein Motiv als einen Grund dar. Somit liegt im sportlichen Erfolg kein sachlicher Grund, der eine Befristung rechtfertigen kann.
Spezifität der Beziehung zwischen Mannschaft und Trainer
Ähnliches wie für Spieler wird auch bzgl. der Befristung von Fußballtrainer-Verträgen vertreten. Hier besteht allerdings ein erheblicher Unterschied. Während man hingegen in der Bundesliga kaum einen Spieler finden wird, der älter als 40 Jahre alt ist, finden sich doch mehrere Trainer, die auch höheren Semesters sind. Alleine mit der körperlichen Fitness lässt sich daher eine Befristung nicht rechtfertigen. Nach älterer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Befristung des Arbeitsvertrags eines Sporttrainers sachlich gerechtfertigt sein, wenn mit der Betreuung von Spitzensportlern oder besonders talentierten Nachwuchssportlern die Gefahr verbunden ist, dass die Fähigkeit des Trainers zur weiteren Motivation der anvertrauten Sportler regelmäßig nachlässt (BAG, Urteil v. 15. April 1999 – 7 AZR 437/97). Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht diesen sog. Verschleisstatbestand sehr restriktiv formuliert. In dem Urteil heißt es wörtlich:
„Nach der Rechtsprechung des Senats (NZA 1999, 646 = DB 1999, 853) kann die Befristung des Arbeitsvertrags eines Sporttrainers sachlich gerechtfertigt sein, wenn mit der Betreuung von Spitzensportlern oder besonders talentierten Nachwuchssportlern die Gefahr verbunden ist, dass die Fähigkeit des Trainers zur weiteren Motivation der anvertrauten Sportler regelmäßig nachlässt (sog. Verschleißtatbestand). Die Anerkennung dieses besonderen Verschleißtatbestands als sachlichen Befristungsgrund setzt jedoch voraus, dass die vereinbarte Befristung überhaupt geeignet ist, der Gefahr eines Verschleißes in der Beziehung zwischen dem Trainer und den zu betreuenden Sportlern wirksam vorzubeugen. Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn die Verweildauer der zu betreuenden Sportler in der Obhut des Trainers kürzer bemessen ist als die vorgesehene Vertragszeit des Trainers. Der Befristungsgrund eines Verschleißes rechtfertigt sich nämlich nicht durch den Wechsel der Sportler, sondern allenfalls durch das Bedürfnis, den auf Dauer im Kader verbleibenden Sportler mit den Anforderungen eines anderen Trainers vertraut zu machen. Nur der drohende Verschleiß der persönlichen Beziehung des Trainers zu den einzelnen Sportlern kann das Auswechslungsbedürfnis begründen, dem die Befristungsabrede Rechnung tragen soll. Diese für den Trainerberuf spezifische Verschleißgefahr besteht nicht, wenn die Sportler ohnehin in verhältnismäßig kurzen Abständen wechseln. Der Senat weist darauf hin, dass der allgemeine Verschleiß durch längere Ausübung desselben Berufs eine Befristung auch bei Trainern nicht rechtfertigen kann. Zahlreiche Berufstätigkeiten, insbesondere bei der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, können einem zur bloßen Routine führenden Abnutzungsprozess unterliegen. Die objektive Umgehung von Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis ist damit nicht zu rechtfertigen.“
Auch dieser sog. Verschleisstatbestand kann daher aus unserer Sicht nicht wirklich herangezogen werden, um eine Befristung zu rechtfertigen. Umgekehrt kann man hier auch argumentieren, dass Spieler ein gesteigertes Vertrauen aufgrund der langjährigen Beziehung zum Trainer entwickeln und so stärker motiviert sind bzw. bessere Leistung erbringen. Renommierte Gegenbeispiele sind bspw. Christian Streich (SC Freiburg) sowie Jürgen Klopp (Liverpool). Mithin beschränkt sich der Tätigkeitsbereich des Trainers nicht lediglich auf zwischenmenschliche und kommunikative Fähigkeiten. Substanzielles Element der Trainer-Tätigkeit ist eine taktische Analyse und Einstellung. Dies widerfährt hingegen keinem etwaigen zeitlichen Verschleiß.
Was wären die Folgen einer unwirksamen Befristung?
Hier wird es nun spannend:
Nachvollziehbar ist, dass eine unwirksame Befristung dazu führt, dass der Trainer Vertrag nicht automatisch mit Ablauf der Befristung endet, sondern unbefristet weiter läuft. Aber Achtung: Der Trainer muss spätestens innerhalb von drei Wochen nach Ablauf der Befristung eine sog. Entfristungsklage erheben, da ansonsten die unwirksame Befristung nicht mehr angegriffen werden kann. Es kann daher für alle Parteien interessant sein, die Wirksamkeit einer Befristung im Einzelfall näher zu beleuchten. Neben den o.g. Gründen können andere formale Gründe ausschlaggebend sein, die zur Unwirksamkeit einer Befristung führen (bspw. dass die Verlängerung einer Befristung erst im Nachhinein unterschrieben worden ist – ggf. rückdatiert).
Interessant ist nun Folgendes: Wenn der Vertrag unbefristet ist, muss der Trainer ja eine Möglichkeit haben, aus diesem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszuscheiden. In der Regel sieht der (unwirksam) befristete Arbeitsvertrag ja vor, dass das Arbeitsverhältnis während der laufenden Befristung nicht gekündigt werden kann. Wie kann nun der Trainer aus dem Vertrag herauskommen, wenn er vorzeitig gehen möchte?
Eine unwirksame Befristung kann dazu führen, dass dann die normalen gesetzlichen Kündigungsfristen Anwendung finden, d.h. der Trainer könnte das Arbeitsverhältnis während der laufenden Befristung einseitig kündigen und bspw. ein anderes Angebot annehmen. Dies kann natürlich erhebliche Auswirkungen für den abwerbenden Verein haben, der dann unter Umständen keine Ablösesumme zahlen müsste. Der Trainer sollte sich allerdings – sollte eine solche Vorgehensweise angedacht sein – entsprechend absichern vorher.
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